+ NAMIBIA 2004 | Reisebericht

 FOTOGALERIE | REISE-TIPPS | KARTE


Namibia - „auf Pad“ mit Kleinkind

November 2004


1. Tag, 01.11. Flug Deutschland - Namibia

Check-In am Frankfurter Flughafen am Nachmittag. 
18:50 Uhr Flug Frankfurt - Düsseldorf
20:45 Uhr Weiterflug Düsseldorf - Windhoek


[Windhoek - Ai-Ais - Fish River Canyon]

2. Tag, 02.11. Windhoek

Nach über 10 Stunden Flug mit dem LTU-Airbus landen wir um 8 Uhr morgens auf dem Hosea Kutako Airport von Windhoek. Schon lange vor der Landung bewundern wir das weite und spärlich bewachsene Land unter uns, wo es scheinbar außer Berge, riesigen Landflächen mit Buschwerk, durchzogen von staubigen Pisten, nichts anderes gibt.
Die Einreise geht zügig und ohne große Formalitäten schnell voran. Zum Reisepass, der noch mindestens 6 Monate nach Ausreise gültig sein muss, benötigen wir ein kleines Einreiseformular, das wir im Flughafen ausfüllen.
Am Gepäckband nehmen wir unseren Kindersitz und eine Reisetasche in Empfang und warten eine weitere halbe Stunde vergeblich auf unsere zweite Tasche sowie eine Alukiste. Beide sind anscheinend nicht mit im Flieger gewesen!
Beim Lost & Found - Schalter nimmt man sich unserem Problem an und verspricht, die fehlenden Gepäckstücke in den nächsten Tagen in unsere Unterkunft nachzuschicken.

Durch diese erste unplanmäßige Verzögerung am Flughafen lässt uns fast unser Abholer von Britz stehen, den wir im letzten Moment in der Ankunftshalle abfangen können.
Etwas gestresst, verschwitzt, übermüdet aber aufgedreht sitzen wir kurze Zeit später im VW-Bus auf dem Weg in die 45 Kilometer entfernte Hauptstadt Windhoek. Auf der knapp 45-minütigen Fahrt wirken die ersten Bilder Namibias auf uns: eine Savannenlandschaft, umrahmt von bis zum 2500 m hohen Bergen, klare Luft, blauer Himmel, trockene Flussläufe und unendliche Weite.

Der erste Eindruck von Windhoek ist beeindruckend. In einem Hochtal gelegen, erinnert die Stadt eher an ein deutsches Provinzstädtchen als an eine afrikanische Metropole. Erinnerungen an die deutsche Kolonialzeit, Fachwerkhäuser, koloniale Standbilder und zum Teil deutsche Straßennamen beherrschen mit auffallender Sauberkeit das Stadtbild, gepaart mit überwiegend schwarzer Bevölkerung und einem Mix aus europäisch-afrikanischen Einflüssen. Ein Miteinander der Völkervielfalt, europäische Geschäftigkeit und afrikanische Gelassenheit, Gratwanderung zwischen erster und dritter Welt, Wohlstand und Armut nahe beieinander. 
80% der schwarzen Bevölkerung Windhoeks ist arbeitslos und treibt sich scheinbar ziellos u.a. auf der quirligen Hauptstrasse, der Independence Avenue, herum, wo sie auf überwiegend weiße, junge Geschäftsleute mit Handy am Ohr, trifft.

An teuren Vorstadthäusern vorbei, alle gesichert mit Kameras, hohen Mauern und Stacheldraht, bringt uns der Bus zur Vermietstation von Britz, im nördlichen Industriegebiet der Stadt. 
Von zu Hause hatten wir uns für einen Landy entschieden. Komplett für einen Campingurlaub ausgerüstet, kostet uns der fahrbare Untersatz mit Versicherung stolze 175 EUR pro Tag.
Am Schalter händigt mir die Dame distanziert und kühl eine Menge Infomaterial aus, Warnhinweise für Fahrten mit ungewohntem Gefährt auf ungewohnten Pisten, der Umgang mit dem schweren Wagen, Linksverkehr, Zahlen über Unfälle mit Verletzten und toten Urlaubern in der letzten Zeit. Den ganzen Krempel muss ich unterschreiben und somit bestätigen, dass von nun an der Geier über uns kreist, und wir im Falle des Unglücks nicht erzählen können, wir hätten von all dem nichts gewusst.
Als ich ihr erzähle, dass ich zu Hause einen Landy fahre und mich mit diesem Gefährt sehr gut auskenne, verfliegt ihre Sorge, wieder einmal einem Greenhorn ein teures Auto zu überlassen, was zu 15% als Totalschaden zurückkommt, auf einmal. Sie will sogar ein Bild von Greenlandy sehen und diskutiert mit mir über Vor- und Nachteile zwischen Tdi und Td5.

Der Papierkram ist schnell erledigt, und draußen steht bereits der Landy, der mir vom deutschsprachigen Mechaniker erklärt wird. Der Wagen ist mit Campingmaterial für 4 Personen ausgerüstet, zusätzlich Kühlschrank, Wassertank, großem Dieseltank und vielen kleinen Helferlein. Die Schlafsäcke sind für arktische Temperaturen ausgelegt, so dass unsere mitgebrachten dünnen Innenschlafsäcke perfekt wären...tja, wären sie nicht irgendwo auf der Welt mit der Alukiste verschollen.
Rein äußerlich macht der Wagen einen super Eindruck. Für 85000 km Laufleistung auf diversen Pisten ist kein Steinschlag und Rostansatz zu sehen. Allerdings befindet sich auf dem weißen Lack an vielen Stellen schwarzer Nebel von Sprühdosen...(nach 300 km kam es zum Tageslicht: Stoßstange, Unterboden und Achsen zeigten ihre ´normale´ Farbe: Braun vom Flugrost; dazu rostige Kratzer und andere kleine Macken! 
Sämtliche schwarzen Bauteile - auch Radkästeninnenseiten! - werden wohl nach jeder Vermietung einfach mit schwarzem Sprühlack überzogen. So glänzt das gute Stück jedesmal wie ein Neuwagen!)

Nach einer guten halben Stunde verlassen wir mit dem Landy das Gelände und begeben uns in das Hauptstadtgewühl. Erste Eingewöhnung auf der linken Straßenseite mit der linken Hand zu schalten, wo es bei afrikanischen Landys wohl keinen 2. Gang gibt! Jedenfalls nicht bei unserem. So scheint es wenigstens: Ampel grün, 1.Gang, Gas, kuppeln, 2.Gang...stottern, keine Beschleunigung... wieder im 4. gelandet! So geht das am Anfang ständig. Die hohe Anzahl der Vormieter hat ganz schön in den Gängen gerührt. Beim Runterschalten aus dem 5. Gang ist ebenfalls viel Kraft nötig. Der Ganghebel scheint oben rechts festgenagelt zu sein. Bis man den frei hat, ist soviel Geschwindigkeit verloren, dass sich der 4. Gang gar nicht mehr lohnt und man gleich den 3. nimmt.

Der Tank ist fast leer, so dass die nächste Tankstelle uns gehört. Beim Einbiegen auf das Tankstellengelände werden wir sofort von zwei, drei wild mit den Armen herumfuchtelnden Männern herangewunken und eingewiesen. So wird das in Zukunft an jeder Tankstelle im Land sein: Pro Zapfsäule stehen bis zu drei Leute herum (Angestellte); einer tankt, der zweite macht mehr oder weniger fast alle Scheiben ein bißchen sauber und der dritte kassiert ab. Und zwar immer in bar. Passendes Wechselgeld ist dann fast nie bis auf den letzten Cent vorhanden, so dass die Jungs immer ein bißchen Trinkgeld behalten dürfen. Je nach Alter der Zapfsäule beträgt dann die Fließgeschwindigkeit des edlen Saftes so um den Liter pro 10 Sekunden. Man hat also beim Tanken mit 120 Liter Tank viel Zeit und kann sich von fliegenden Händlern vollquatschen lassen, die einen mit wichtigen Dingen versorgen möchten.
Sprit ist billig, umgerechnet kostet der Liter ca. 40-45 Eurocent.

Über die belebte Independence Avenue fahren wir zum Südrand der Stadt, wo sich das Safari Hotel befindet. Ein großer Hotelkomplex mit dem Safari (3 Sterne) und Safari Court Hotel (4 Sterne) mit Pool und gemütlichem Biergarten. 

Die Preise im Safari sind o.k., das Doppelzimmer kostet zwischen 60,- und 70,- EUR inkl. Frühstück. Sämtliche Zimmer liegen in Nebengebäuden, wo schon hier und da der Putz abblättert. Alles in allem aber ein gutes Hotel für die ersten oder letzten Urlaubstage in Windhoek. Dazu gibt es noch einen kostenlosen Shuttleservice in die Stadt.

Wir checken für zwei Nächte ein, bringen unser Gepäck ins Zimmer und setzen uns in den leeren Biergarten am Pool. Mittlerweile ist es Mittag, die Sonne brennt bei schwülen 30 Grad senkrecht vom Himmel herunter. Ausruhen ist angesagt, die ersten Eindrücke verarbeiten.

Am Nachmittag fahren wir wieder in die Stadt, um die ersten Einkäufe für die weitere Tour zu erledigen. Vor allem brauchen wir Verpflegung und Wasser. Bei Pick´n Pay in der Post Street Mall finden wir alles. 
So decken wir uns mit dem Nötigsten ein und verstauen das meiste im Kühlschrank. Grillzeug und weitere Verpflegung werden wir unterwegs kaufen.
Draußen sind inzwischen riesige Gewitterwolken aufgezogen und verdunkeln mit entferntem Grummeln die Nachmittagssonne. Den Landy haben wir auf einem bewachten Parkplatz abgestellt. Zur üblichen Parkgebühr von umgerechnet 0,15 EUR (1 NAM-$) kommt noch mal die Hälfte für den persönlichen Wächter hinzu, der immer ein Auge auf das Auto wirft. So steht man sicher und braucht sich keine Sorgen um sein Fahrzeug zu machen.
Auch sonst stehen überall in den Städten Parkwächter an fast allen Parkplätzen. Junge Leute, die ein "Parking Security" o.ä. auf ihrer Weste stehen haben und für kleines Geld die Autos bewachen. Jeder ist so für einen bestimmten überschaubaren Abschnitt zuständig. Eine Art Visitenkarte an der Scheibe zeigt an: ´Dieses Auto wird bewacht.´

Es fängt an zu schütten. Dicke Wassertropfen hämmern auf das Auto. Die erste Bewährungsprobe für die zu erwartenden Wassereinbrüche. Tatsächlich: an den A-Säulen tröpfelt es oben herein. 
Als wir nach ein paar Minuten am Hotel ankommen, ist der Schauer vorüber und die Straßen dampfen in der Abendsonne.
Die Müdigkeit und der vergangene Nachtflug machen sich bemerkbar; nach dem Essen im Hotel sind wir früh im Zimmer.


3. Tag, 03.11. Windhoek

Mit dem Hotelbus fahren wir in die Stadt. Wir laufen die Hauptstrasse entlang und wissen noch gar nicht so richtig, wo wir überhaupt hin wollen. Hektisches Treiben am frühen Vormittag. Irgendwie stehen wir jedem im Weg.
Wir flüchten in die Luisen-Apotheke, um uns über Malaria zu informieren. Die Verkäuferin spricht Deutsch und klärt uns über die aktuelle Situation auf. Im Süden des Landes und an der Küste bestehe keine Gefahr, im Norden ist Prophylaxe angeraten (wir hatten ähnliche Informationen aus Deutschland). Da wir aber erst in zwei Wochen im Norden sind und über Swakopmund fahren, empfiehlt sie uns die dortige Adler-Apotheke. Da könnten wir weitere Infos bekommen und entsprechende Medikamente kaufen.
Weiter geht die Erkundung der übersichtlichen Innenstadt. Christuskirche und Reiterdenkmal, dann zurück zur Independence Avenue.
Nach ein paar Stunden sind wir wieder im Hotel. Das Gepäck ist immer noch nicht eingetroffen, so dass ich beim Flughafen anrufe. Die wissen aber auch nichts Neues. Nächste Möglichkeit ist ein Anruf bei LTU in Düsseldorf. Per Handy erreiche ich jemanden und schildere ihm den Vorfall. Erstaunlicherweise wissen die in Deutschland schon Bescheid und haben das Gepäck lokalisiert: Es sei in Düsseldorf falsch verladen worden und befindet sich nun in Mombasa. Da es von dort keinen Direktflug nach Windhoek gibt, fliegt es wieder nach Deutschland zurück, um in zwei Tagen über München einen weiteren Versuch zu starten. Nun denn, immerhin ist das Gepäck noch da (zumindest auf dem selben Kontinent) und nicht gestohlen. Ich buchstabiere dem guten Mann den Namen unserer Unterkunft, wo wir in drei Tagen sein werden, und hoffe, das wir das Gepäck jemals wiedersehen.

Wir machen uns am Nachmittag auf den Weg in den Daan Viljoen Park, ca. 25 km westlich der Stadt. Es handelt sich dabei um ein kleines Tierreservat mit Campingplatz. Viel erwarten wir allerdings nicht von dem Ausflug, sind aber dann positiv überrascht, als plötzlich Giraffen am Wegesrand stehen. Auch Gnus und andere Antilopen kreuzen unseren Weg. Paula macht es viel Spaß und auch wir finden das einen gelungenen Einstand in die Tierwelt Namibias.
Da Paulas Kleidung zur Neige geht, müssen wir noch einmal in die Stadt, um für sie das Nötigste einzukaufen. Die Rechnungen werden natürlich aufbewahrt und der Fluggesellschaft überreicht...
Letzter Abend im Hotel und am Pool, morgen geht es los!


4. Tag, 04.11. Windhoek - Hardap Damm

Um 9 Uhr sind wir unterwegs. Blauer Himmel, angenehme Temperatur; die große Reise kann nun endlich losgehen. Wir verlassen Windhoek Richtung Süden auf der Hauptstrasse B1, der Nord-Süd-Achse des Landes.
Sobald wir die Hauptstadt hinter uns gelassen haben, lässt der Verkehr schlagartig nach, bis wir den Eindruck haben, die einzigen hier auf der Straße zu sein. Ab und zu mal Gegenverkehr und sonst nichts. Vorbei an den Auasbergen geht es Richtung Rehoboth. Die Landschaft wirkt monoton, es gibt nichts wirklich Aufregendes zu sehen.

Ständiger Begleiter am Straßenrand ist ein Zaun rechts und links, Abgrenzung zum privaten Farmland. 
20 Kilometer südlich von Rehoboth überqueren wir den Wendekreis des Steinbocks. Ein großes Schild, welches gerade von einer Horde Bustouristen belagert wird, zeigt den beliebten Fotopunkt an.
Die Strecke wird zusehends öde und langweilig. Flache und ereignislose Landschaft, ermüdend und anstrengend auf Dauer. Auf dem schnurgeraden, zweispurigem aber relativ schmalen Asphaltband komme ich ab und zu vom Weg ab und ziehe so mit den linken Reifen am unbefestigten Straßenrand eine lange Staubfahne hinter mir her. Jedesmal eine Schrecksekunde, aber im Gegensatz zu den bevorstehenden Sand- und Schotterpisten ist man hier relativ schnell und leicht wieder in/auf der richtigen Spur.
Mit knappen 100 km/h (mehr schafft der voll beladene Landy auf gerader Strecke einfach nicht) fahren wir unserem Tagesziel entgegen - dem Hardap Damm.

Der Hardap Damm staut den Fish River auf und dient u.a. zur Wasserversorgung von Windhoek. Man kann Angeln, Boot fahren, Wanderungen unternehmen und im Camp übernachten. Es gibt ein Restaurant und einen Pool. Das Camp verfügt über mehrere Hütten und einen Campingplatz. Hört sich alles überwältigend an, aber wenn im Damm relativ wenig Wasser ist, auch rings herum die Landschaft vor sich hin trocknet und im alten Pool die Kacheln fast abfallen, mag man nicht so recht glauben, dass es hier an Wochenenden und in den Ferien sehr voll wird.
Wir erreichen unser Ziel schon am Mittag. Gnadenlos knallt die Sonne senkrecht von oben. Jede Sekunde zuviel ohne Mütze oder Hut ist gefährlich. Wir sind fast die einzigen im Camp. Ein südafrikanisches Paar döst unter einem riesigen Akazienbaum. Sonst gibt es hier allerdings wenig Schatten. Zu heiß zum Bewegen, zu heiß für den Dachzeltaufbau, zu heiß zum Grillen. Außerdem ist es erst Mittag. Wir haben unser Ziel viel zu schnell erreicht. Wir brauchen schnellstens Schatten! Allerdings können wir nicht den ganzen Tag hier auf dem ereignislosen Campingplatz im Landy sitzen und darauf warten, das die Sonne endlich untergeht. Das Vorzelt am Landy bricht beim Aufbau in sich zusammen. 

Eine Seitenstange ist verbogen und läßt sich nicht arretieren. So was erzählt einem der Vermieter natürlich nicht. Kurz umdisponiert und nach einem Schluck aus der eiskalten Bierdose wird entschieden: es muss eine Hütte her. Da hier nichts los ist, haben wir freie Auswahl. So eine Art Reihenbungalow mit 2 Betten, Kühlschrank, Kochplatte, Dusche und WC, und im "Garten" ein gemauerter Grill. Für umgerechnet 8,- EUR Aufpreis entfliehen wir der heißen Sonne. Unsere erste Lehrstunde und Erfahrung haben wir gemacht: nicht zu früh am Ziel ankommen und auf alle Fälle einen Schattenplatz finden! 
Im kühlen Zimmer richten wir uns häuslich ein. Die Einrichtung ist aus den Siebzigern, nüchtern aber zweckmäßig. Nicht gerade umwerfend, aber wir finden es super. Und besser, als draußen in der Sonne zu verbrennen. Außerdem: Bei dem Preis kann man nicht meckern. Vor allem ist hier alles sehr, sehr sauber!

Nachmittags suchen wir Abkühlung im Pool. Auf dem Weg von einem Schatten zum nächsten verbrennen wir uns die Füße und halten dieselben in die trübe Brühe. Hier ist lange nichts mehr gemacht worden. Keine Pflege, keine Wartungsarbeiten, überall fällt der Putz ab. Im Kinderplanschbecken schwimmt zwischen Blättern und Eispapiermüll ein Frosch. Den stört der alte und marode Zustand der Anlage nicht, uns allerdings schon, weshalb wir Paula besser nicht dort plantschen lassen.
Lange halten wir es am Pool nicht aus. Im Shop versuchen wir irgendetwas Ess- oder Grillbares zu bekommen, aber außer Dosenfutter, Postkarten und Bier gibt es hier fast nichts. Gelangweilt nimmt die Kassiererin das Geld für drei Eis und Brennholz entgegen und wir flüchten wieder in unsere Behausung. Auf dem Weg dorthin kommen wir an fünf Angestellten vorbei, die hier für die Pflege der Grünanlage und des Pools verantwortlich sind. Sie sind gerade alle mit Rasenmähen beschäftigt: einer schiebt scheinbar lustlos den Mäher vor sich her, zwei gucken zu und zwei andere liegen auf der Wiese und schlafen. Bei der Hitze ist das allerdings nachvollziehbar.

So langsam neigt sich der heiße Tag dem Ende zu; Zeit für Bier und Grillen. Wenn nicht gegrillt wird, dann wenigstens ein großes Feuer. Paula hat den Wasseranschluß im Garten entdeckt und versucht den Hardap Damm trotz unserer Widerworte zu füllen. Paula und Wasser - eine Traumkombination. Mit Sand oder Kies dazu ist von ihr stundenlang nichts mehr zu hören und zu sehen.

Kurz vor Sonnenuntergang ein kräftiger Sturm, der mit fernen Gewittern schnell vorbeizieht - danach funkelnde Sterne über unserem Lagerfeuer.


5. Tag, 05.11. Hardap Damm - Ai-Ais / Fish River Canyon

Am frühen Morgen geht es weiter Richtung Süden. Wir lassen Mariental links liegen und fahren wieder durch monotone Savannenlandschaft. Die einzige Abwechslung im Landschaftsbild bietet der Bruckaros, ein gewaltiger Berg auf der rechten Seite.
Je weiter wir nach Süden fahren, desto öfter sehen wir Köcherbäume. Sie bieten einen interessanten Kontrast zur sonst sehr spärlichen Vegetation und geben ein eindrucksvolles Fotomotiv gerade bei tief stehender Sonne ab. 
Nördlich von Keetmanshoop, unserem nächsten Zwischenstopp, findet man eine enorme Anzahl dieser Bäume im sogenannten "Köcherbaumwald".
Einen erzwungenen Stopp müssen wir über uns ergehen lassen, als wir kurz vor Keetmanshoop in eine Radarfalle tappen. Ein Polizei-Golf mit wild winkender Besatzung zwingt mich zum Anhalten. Nanu, eine Panne? Eine Falle? Die Polizisten sind in Zivil und die poplige "Police"-Aufschrift auf dem Auto war von weitem nicht zu erkennen. Der Typ quatscht mich fließend auf Afrikaans voll, beim Luftholen kann ich ihn kurz unterbrechen und ihm meine Unkenntnis seiner Landessprache näherbringen.
Na gut, Englisch kann er auch und meint, ich sei in der 70er-Zone mit 87 km/h durchgerauscht. Auf seinem Bußgeldkatalog macht das 125 NAM-$, umgerechnet 15 EUR. Bei dem Preis spare ich mir auch jegliche Diskussion. Es gibt nämlich weder ein Foto, noch einen anderen Beweis. Die Anzeige auf dem Messgerät ist mittlerweile auch schon von einem neuen Sünder überboten worden. Als ich meine Strafe bezahlen will, heißt es dann, man könne hier vor Ort kein Bargeld annehmen, sondern ich muss in die Stadt und beim Polizeichef persönlich antreten. Der würde das Geld verwalten und mir eine Quittung ausstellen.
Als ich dem Mann dann versuche beizubringen, dass ich als normaler Tourist im Mietwagen eher keine Zeit und Lust habe, mich in der Polizeistation in die Reihe aufgebrachter einheimischer Verkehrssünder, Kleinkrimineller und sonstiger Ganoven einzureihen und auf eine Quittung diesbezüglich auch gerne verzichten möchte, hat der Gute ein Einsehen und läßt mich vor Ort bezahlen. Es gibt halt keine Quittung, demnach auch keinen Polizeichef im Ort, der das unterzeichnet, und - schwupps - verschwindet mein Geld in der Hosentasche des Polizisten.

In Keetmanshoop wird nachgetankt und im einem SPAR-Markt eingekauft. Die nächsten zwei Tage werden wir im dünn besiedelten äußersten Süden sein, wo es wenig Einkaufsmöglichkeiten gibt. 
Die Stadt ist nicht besonders sehenswert; ein bißchen deutsche Missionsvergangenheit, ein Kaiserliches Postamt und sonst nicht viel mehr. Die Stadt dient heute den Reisenden in den Süden als Zwischenstopp.
Beim Einkaufen bleiben Silvana und Paula im Auto, da es hier keine Parkwächter gibt. So ein riesiger Landy mit Dachzelten und allem sichtbaren Krempel innen drin, sticht hier auf der Hauptstrasse besonders hervor, und der ein oder andere neugierige Blick der Einheimischen ins Auto ist manchmal sehr verdächtig.

Wir folgen der Straße noch ein gutes Stück nach Westen Richtung Lüderitz und biegen bei Seeheim nach links ab: Richtung Südafrika und Fish River Canyon. Auf der Straße C12 heißt es dann zum ersten Mal: Sandpiste.
Seeheim ist auf der Landkarte als größerer Ort gekennzeichnet, doch außer einer Kreuzung, einem Bahnübergang und einem Hotel finden wir in dieser trockenen und heißen Gegend nichts.

Von nun an geht es "auf Pad". Auf dem ersten Teilstück eine ca. 20 Meter breite Piste, glatt und somit gut befahrbar. Weiß blendet die Straße in den Augen und bei maximal 80 km/h ziehen wir eine lange Staubfahne hinter uns her. 

Nach einigen Kilometern durch trockene Flussbetten haben wir plötzlich Wasser vor uns. Der Löwenfluss trocknet fast nie aus, aber die Durchfahrt durch das flache Gewässer ist unproblematisch. Wenn es jedoch in den Bergen geregnet hat, kann es für PKW, und auch manchmal für hochbeinige Geländewagen, eng werden. Als Alternative muss man dann die D545 über den Naute Damm wählen.

Die Landschaft wird zusehends interessanter. Wir passieren die kleinen Karasberge, die Tafelbergen ähneln. Auf der rechten Seite können wir schon die Ausläufer des Fish River Canyon erahnen. Kein Baum wächst hier, vereinzelt ein paar Sträucher, und alles ähnelt eher einer Mondlandschaft. Am zerstörten Bahnhof Holoog biegen wir rechts zum Canyon ein; nach weiteren 40 km durch Steinwüste folgen wir der D324 nach Ai-Ais. Geradeaus folgt nach einigen Kilometern das Camp Hobas, noch mal 10 km weiter der berühmteste Aussichtspunkt zum Canyon hinunter. Das wollen wir uns aber am nächsten Tag ansehen. An der Canyon Lodge vorbei schüttelt uns mittlerweile Waschbrett weiter nach Süden. Interessant werden die Passagen, wenn sich die breite Piste bei einer Tordurchfahrt bis auf gute 2 m verengt und man fast ungebremst mit 70 Sachen durch das Tor scheppert... ;-)

Die Piste will kein Ende nehmen. Ständiger Wechsel zwischen guter Sandpiste über böses Waschbrett bis hin zu plötzlich auftretenden Weichsandpassagen. Zum Glück fast immer ohne Gegenverkehr, so dass man die volle Breite der Piste ausnützen kann. Es passiert auch oft, das sich auf einmal ein bis zu 50 cm hoher Sandwall kilometerlang die Straße entlang zieht. Der Grund dafür kommt früher oder später, denn gigantische Scraper, ähnlich einem Schneeräumfahrzeug, schaben und hobeln die Strecke glatt und hinterlassen so am Anfang immer eine Ladung Sand in Form eines Walls. Meist ist so dann die Hälfte der Piste für einige Zeit blockiert, so dass man bei Gegenverkehr im möglichst stumpfen Winkel in den Sandwall hineinfährt. 
An einer Abzweigung das Schild nach Ai-Ais. Noch 22 km geht es im leichten Gefälle den Canyon hinunter.
Vorbei an Rosenquarzfelsen rollen wir die letzten Kilometer bergab. Wir sind durchgeschwitzt, müde und kaputt von den letzten 200 Km Sand und Schotter. Im Landy ist alles von einer Staubschicht überzogen. 
Noch eine letzte Kurve, dann stehen wir vor dem Eingangstor. Dahinter Palmen, Schilf, Wasser, eine Oase.
Es gibt hier eine heiße Quelle, Swimmingpools, ein Restaurant, einen Shop, eine Tankstelle und natürlich das Camp mit Zeltplatz und Chalets. Luxus nach der anstrengenden Fahrt bei sengender Hitze.
Ai-Ais liegt zwar am südlichen Ausgang des Canyons, aber die hohen Felsen rings herum sind gigantisch. Sie leuchten am Abend feuerrot und reflektieren die gespeicherte Hitze des Tages hinunter ins Camp.
Selbst am späten Nachmittag, als die Sonne schon nicht mehr den Boden des Camps erreicht, ist es unerträglich heiß hier unten. Die wenigen Gäste versuchen vergeblich, sich im über 30 Grad warmen Pool zu erfrischen.
Wir sind alle drei total fertig. Paula ist müde, wir haben Hunger. Da wir für zwei Tage hier bleiben wollen, beziehen wir ein geräumiges Zimmer mit Terrasse und Grill. Drinnen ist es angenehm kühl; die Hintertür führt direkt in das innen liegende Thermalbad mit ca. 50 Grad Wassertemperatur.
Nach kurzer Zeit brennt der Grill und die ersten Biere sind die Kehle hinunter gezischt.

Es ist erstaunlich leer im Camp. Genau wie gestern am Hardap Damm. Nur etwa fünf Fahrzeuge mit Dachzelt stehen auf dem Gelände verteilt, das Platz für ca. 50-70 Autos und Overlander-Busse bietet. 
Es ist November, Nebensaison nach den deutschen Ferien, und bevor die Namibianer und Südafrikaner kommen, vergehen bis Weihnachten und Neujahr noch ein paar Tage. Außerdem ist es hier einfach zu heiß und viele Reisende wissen nicht, dass das Camp seit einiger Zeit trotz der hohen Temperaturen ganzjährig geöffnet ist. Viele wagen den langen Weg in den Süden gar nicht erst. 

Im Winter, wenn es bei 25 Grad angenehm kühl ist, muss hier die Hölle los sein. Dann, am frühen Abend, doch noch die Überraschung: ein kleiner Pick-Up kommt vorgefahren, hupend hält er vor unserem Haus. Auf der Ladefläche liegen doch tatsächlich unsere beiden fehlenden Gepäckstücke!
Kaum vorstellbar, dass der Fahrer die Strecke von Windhoek hier runter in einem Stück gefahren ist. Er zuckt aber nur lässig seine Schultern, als sei das für ihn völlig normal, lässt sich von mir den Empfang des Gepäcks bestätigen und sitzt schon im selben Moment in seinem Wagen...auf dem Weg nach Windhoek, wieder 800 km zurück!


[Ai-Ais - Aus - Lüderitz]

6. Tag, 06.11. Ai-Ais / Fish River Canyon

Heute ist ein Ruhetag geplant. Zumindest wollen wir nicht so weit fahren und am Abend wieder herkommen. Die Fahrt zum ´lookout´ bietet sich als kleiner Abstecher geradezu an. So stehen wir kurze Zeit später am Gate, wo der Wächter sich wie immer unser Kennzeichen notiert. Dazu noch die Zeit der Ein- bzw. Ausfahrt. Als er mich fragt, ob wir nach Hobas fahren, nicke ich ihm zu. Klar, Hobas liegt auf dem Weg zum Canyon; da müssen wir auf jeden Fall vorbei. Super, grinst der Mann und reicht mir drei dicke Umschläge. Post, Unterlagen, abgestempelt und versandfertig. ´Bring that to Hobas Camp, please.´ Okay, kurzzeitig im Dienst der Namibian Post machen wir uns auf den Weg.
Wir müssen den ganzen Weg von gestern Nachmittag wieder zurück. Die C10 bis zur Kreuzung nach 22 km, dann nach links auf die Pad 324, wo wir nach 43 km den Abzweig nach Hobas und zum ´lookout´ nehmen.
Am Vormittag ist noch überhaupt nichts los auf der Piste, nur eine einsamer Scraper schiebt den Sand von der Bahn.
Wir erreichen Hobas, wo eigentlich Eintritt zum Canyon gezahlt werden muss. Mit der wichtigen Post unter dem Arm trete ich höchstpersönlich vor den Verantwortlichen und unser Wegezoll zum Aussichtspunkt sinkt auf einmal gegen Null..
Es folgen die bislang schlimmsten Kilometer, was den Straßenzustand betrifft. Übelster Straßenbelag aus einer Mischung von kleineren Steinen, Kies und richtig dicken Brocken, zusammengebacken zu kompaktem Waschbrett und unterbrochen von tiefen Schlaglöchern. Es sind nur zehn Kilometer und wir können die gesamte Strecke in einem Stück überblicken, doch es wird eine zähe und langwierige Tortour. Mehr als 5-10 km/h geht nicht; jeder schnellere Versuch endet damit, dass das Radio droht, aus seiner Verankerung zu fallen. Das komplette Armaturenbrett rüttelt und schüttelt sich, ohrenbetäubender Lärm aus allen Ecken des Autos; ich hoffe, der Dachträger samt Ladung hält. Ab einer bestimmten Schüttelfrequenz oder Heftigkeit meldet sich plötzlich der Scheibenwischer. Ohne Vorwarnung versieht er seine Dienste. 

Wenn man dann noch bei seiner Arbeit ein weiteres Schlagloch mitnimmt, gibt es Wasser dazu. Ohne je in die Nähe des Wischerhebels gekommen zu sein, arbeitet der munter mit stetigem Wasserstrahl und schmiert den feinen Staub von rechts nach links.
Endlich haben wir es geschafft und die mörderische Strecke bezwungen. Wir sind am Aussichtspunkt angekommen. Zwei Schatten spendende Dächer, eine Informationstafel und ein Canyon. Sehr schön, groß und beeindruckend, diese Szenerie. Weit unter uns beschreibt der Fish River einen großen Bogen. Seine Biegungen und Wendungen verlieren sich in der Ferne. Der Canyon ist nach dem Grand Canyon der zweitgrößte der Welt und steht ihm in nichts nach, auch wenn seine Dimensionen nicht so gewaltig sind. Er ist vor allem nicht so tief, wie der große Bruder in den USA. Trotzdem sehenswert und einzigartig.

Wir fahren wieder zurück nach Ai-Ais. Es ist jetzt am Mittag sehr heiß, und wir haben Paula den Swimming Pool versprochen. Auch wir können die Hitze fast nicht mehr ertragen und sind froh, trotz Rüttelei, im einigermaßen kühlen Auto zu sitzen.

Wieder zurück im Camp gilt der erste Weg dem Pool. Doch das Wasser verspricht keine Erfrischung: Die ca. 60 Grad heiße Quelle wird auf etwa 35 Grad herunter gekühlt. Badewannentemperatur bei heißem Wind, Sonne und über 40 Grad im Schatten.

Relaxen und abendliches Grillen beschließen den Tag.


7. Tag, 07.11. Ai-Ais / Fish River Canyon - Lüderitz

Wir verlassen Ai-Ais nach zwei Tagen. Ziel wird heute Lüderitz sein. Entgegen der allgemein geläufigen Strecke zurück nach Norden über Seeheim und dann auf der B4 weiter, wählen wir die Alternativstrecke entlang dem Oranje über Rosh Pinah. Aber auch diese Strecke, die normalerweise über den Grenzort zu Südafrika, Noordoewer führt, wollen wir kurz hinter Ai-Ais über das ausgetrocknete Flussbett des Gamkab River abkürzen. Wir erkundigen uns noch beim in Ai-Ais ansässigen Ranger über die Befahrbarkeit der Strecke und der gibt uns Grünes Licht. Er gibt uns eine kurze Streckenbeschreibung, der wir am Vormittag folgen: Von Ai-Ais die C10 zurück, bis nach 11 km rechts der Abzweig zur D316 nach Noordoewer kommt. 

Diese folgen wir über fast schwarze Mondlandschaft ohne Vegetation bis zum zweiten Viehgatter, das nach ca. 20 km die Piste kreuzt. Schon von weitem sehen wir eine Staubfahne, die ein Auto hinter sich herzieht. Es ist aber noch mindestens 10 km entfernt. Am zweiten Viehgatter, von wo ein beschilderter Abzweig nach Rosh Pinah folgt, begegnen wir unserem Gegenverkehr: ein Landy aus Deutschland. Verwundert und erfreut über diese Begegnung halten wir zum small talk an. Die beiden im Landy sind schon vor zwei Jahren quer durch Afrika nach Kapstadt gefahren und sind nun auf dem Weg nach Zambia. Auch jetzt erkundigen wir uns über den Zustand des weiteren Weges durch die Schlucht des Gamkab. Einfach zu befahren sei er, zudem spektakulär und sehr schön. Wir dürfen nur nach einigen Kilometer die Weggabelung nicht verpassen, von wo es nach rechts zur Schlucht geht. Nach weiterem Erfahrungsaustausch trennen sich unsere Wege wieder und wir setzen den Weg nach Westen fort. Einspurige und enge Piste durch einsames Gebiet. Der zunächst eindeutig erkennbare Pad gabelt sich an einem weiteren Zaun tatsächlich und wir folgen den Spuren nach rechts. 

Von nun an befinden wir uns im immer enger werdenden Flussbett, wo einzelne Reifenspuren immer öfter abzweigen, um nach kurzer Zeit wieder zusammen zu führen. Es geht leicht bergab, am Fuße der Schlucht, eingerahmt von steilen Felswänden, folgen wir dem Flusslauf. Ab und zu müssen wir das heute kleine Rinnsal überqueren; wenn es aber geregnet hat, ist auch mit einem Geländewagen das Durchkommen fast unmöglich. Normale PKW haben hier aber keine Chance, denn der Weg führt sehr oft über hohe Wälle und große Steine. Nach ungefähr 20 km ist das Ende der Schlucht erreicht. An der Mündung des Oranje stoßen wir auf die D212, die von Noordoewer nach Rosh Pinah führt. Von nun an folgen wir dem grünen Band des Oranje, dem Grenzfluss zu Südafrika. Der Fluss ist der längste in Südafrika und führt ganzjährig Wasser. Aufgrund der teilweise geringen Wasserführung, vieler Katarakte und Felsbrocken ist der Oranje aber nicht schiffbar. Es folgt die bislang schönste und abwechslungsreichste Strecke unserer Namibiareise. Ab und zu verlassen wir die parallele Strecke zum Fluss, durchqueren unzählige trockene Riviere, um immer wieder zum Fluss zurückzukehren. Nach ca. 60 km verlässt der Pad den Flusslauf und biegt an der Pumpstation Seligsdrif nach Norden ab. Nach weiteren 20 km über breite Waschbrettpiste erreichen wir das kleine Städtchen Rosh Pinah. Eine Zinkmine ließ den Ort vor wenigen Jahren boomen; es entstand eine saubere, kleine Stadt mit sehr guter Infrastruktur, die alles zu bieten hat. Die Bewohner und Angestellten der Mine erfreuen sich eines gewissen Wohlstands und der Ort erscheint uns wie eine Oase. Bei größter Mittagshitze legen wir hier eine Pause ein und decken uns im vorzüglich ausgestatteten Supermarkt mit Proviant ein. Bei der Weiterfahrt über die C13 freuen wir uns über den tollen Zustand der geteerten Straße, doch diese endet wieder nach 20 km im Staub einer Sandpiste. Parallel dazu zieht sich über viele Kilometer eine Baustelle. In den nächsten zwei Jahren soll die gesamte Strecke bis hoch nach Aus an der B4 geteert sein. Noch über 120 km bis Aus. Anstrengend und teilweise mühevoll zu fahren. Außerdem bietet die Landschaft nicht übermäßig viel für das Auge. Links zieht sich ein rotbraunes Band der Namib-Wüste

am Horizont entlang, während wir rechts das Huib Hochplateau neben uns haben. Dazwischen menschenleere Gegend. Einige Passagen dieser überaus eintönigen Strecke führen ohne jegliche Kurve bis zum Horizont, und ich mache mir den Spaß, die Entfernung eines Abschnittes ohne Kurve zu messen: Der Rekord liegt bei über 24 km! So eine Straße ist aber alles andere als schnell und zügig zu durchfahren. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei "waschbrett-überspringenden" 80-90 km/h, und sehr oft ertappt man sich dabei, wenn die 100 km/h – Marke schon weit überschritten ist. Bei so einer Geschwindigkeit hat der ohnehin schon schwere Wagen kaum Bodenhaftung, und das Fahren kommt einer Fahrt auf Eis und Schnee gleich. Man kann sich aber nicht gemütlich zurücklehnen, sondern "scannt" ständig die paar Meter vor der Motorhaube ab, um sich in Sekundenbruchteilen zwischen Schlagloch, Steinen oder Weichsand zu entscheiden. Oft trifft man die falsche Entscheidung und man betet, dass die Reifen oder Stoßdämpfer nicht zu Schaden gekommen sind. Die einzige Abwechslung auf der Strecke bieten die kurzen und geteerten Teilstücke, zum eventuellen Überholen (und zum Durchblasen der Lüftung und Klimaanlage), sowie die kleinen Entfernungsschilder nach Aus: 120 km, 110 km, 100 km....
So ist man nach relativ geringer Fahrstrecke, die man am Tag zurücklegt, abends müde, platt und ausgelaugt.
Endlich erreichen wir Aus. Ein kleiner Ort, relativ öde, und bis auf eine kleine Tankstelle und ein Hotel ist hier fast nichts geboten.
Zum Glück sind die letzten 120 km bis Lüderitz geteert. Auch wenn man gerne auf Sand oder Schotter fährt, so ist eine Teerstraße jetzt ein Genuß und eine Wohltat.
Es geht von nun an ständig bergab. Immerhin befinden wir uns hier auf knapp 1600 m. Wir erleben mal wieder die grenzenlose Unendlichkeit des Landes. Rechts befindet sich der weite Namib-Naukluft Park, südlich das Diamantensperrgebiet und die nicht enden wollenden Dünen. Abbiegen ist verboten und ohnehin unmöglich. Kein Weg zweigt vom schwarzen Teerband ab. Nach 20 km erreichen wir das Gebiet, wo sich die Gharub-Wildpferde befinden. 

Ungefähr 200-300 Pferde leben hier und haben sich den ariden Bedingungen der Halbwüste und Savanne angepasst. Ihre Herkunft ist nicht geklärt. Man vermutet, dass die Deutschen Schutztruppen nach ihrem Rückzug 1906 die Tiere einfach ihrem Schicksal überlassen haben. Wir sehen die ersten Tiere weit neben uns, dann stehen sie sogar dicht an der Strasse.
Noch immer sind es gute 100 km bis Lüderitz. Wir folgen immer wieder deutscher Vergangenheit, als wir die Bahnhöfe Haalenberg oder Grasplatz passieren. Hier hält aber schon lange kein Zug mehr. Die einzigen Gäste in den verfallenen Häusern sind Pferde. Allerdings zeigt sich kurz vor Lüderitz hier und da Betriebsamkeit an der alten Bahnstrecke. Wir haben den Eindruck, als wolle man die Strecke zu neuem Leben erwecken (was, wie wir später erfahren, tatsächlich so ist).

An der Straße sehen wir nun für uns ungewohnte Verkehrsschilder, die uns vor Sand warnen. Wir haben es aber schon vorher gemerkt: starker Wind von links bläst Unmengen Sand über die Straße. Der Sand scheint förmlich über die Straße zu fließen, und manchmal können wir die schwarze Strasse vor uns vor lauter Sand gar nicht erkennen. Ab und zu liegen lange Zungen von Sandverwehungen quer über der Straße und beim Durchqueren wird der Landy jedes mal stark abgebremst. Ein lautes Prasseln von Milliarden Sandkörnern auf die Scheibe übertönt sogar das Motorengeräusch. 
Dann haben wir unser Ziel fast erreicht. Kurz vor Lüderitz liegt die alte deutsche Diamantenstadt Kolmannskop, die wir aber morgen besuchen wollen. Wir fahren die letzten Kilometer nach Lüderitz hinein.

Erstaunlicherweise sind die Straßen menschenleer, kaum Verkehr, im Wind baumelt Weihnachtsschmuck an den Straßenlaternen. Dass heute Sonntag ist und daher alle Geschäfte geschlossen haben, erfahren wir erst später. Unser Campingplatz liegt am anderen Ende der Stadt auf der vom Wind umtosten Halbinsel Shark Island. Dass aber der Wind so stark bläst, hätten wir nicht gedacht. Zudem ist es hier ungewohnt kalt bei stürmischen 20 Grad, und auch sonst ist der Platz mehr als trostlos. Kein Baum, kein Strauch, nur Felsen und einige sandige Stellplätze. Welchen Stellplatz wir auch ausprobieren, keiner ist so windgeschützt, dass er eine ruhige Nacht im Dachzelt verspricht. 

Zwar ist der Ausblick auf das Wasser und den Hafen sehr schön, doch wir beschließen, uns eine andere Bleibe für die Nacht zu suchen.Das Gegenstück zum dürftigen Campingplatz finden wir im mehr als luxuriösen Nest-Hotel. Zwar sehr teuer, aber das Zimmer und der Ausblick auf das Wasser entschädigen uns für den anstrengenden Fahrtag.

[Lüderitz/Kolmanskoop - Duwisib Castle - Bettas Camp]

8. Tag, 08.11. Lüderitz

Am Morgen ist das erste Ziel eine Bank. Zwar gibt es in fast jeder Stadt einen Geldautomaten, aber ich habe noch eine Menge Bargeld in Form von US-Dollar. Die Prozedur in der Bank zieht sich hin. 

Jeder der über 25 Geldscheine wird kopiert, die Nummern aufgeschrieben und zusätzlich mehrere Kopien meines Passes angefertigt. Mit den frischen NAM-Dollars gehe ich direkt auf die andere Straßenseite, um bei der Tourist-Info Tickets für Kolmannskoop zu kaufen. Auch hier wird Deutsch gesprochen, wie in fast jedem Laden, wo Touristen ein und aus gehen. Wie fast jedes Geschäft ist auch dieses durch ein schweres Gittertor am Eingang gesichert. Erst wenn der Verkäufer innen den Kunden sieht, öffnet er per Knopfdruck die Tür. So schützt man sich hier vor Überfällen und ungebetenen Gästen. Wir fühlen uns trotz (oder wegen?) aller Vorsichtsmaßnahmen immer sehr sicher, meiden aber einsame Ecken in allen Städten und Ansammlungen von herumlungernden, verdächtigen Personen. Man ist eben als Tourist sofort zu erkennen. Vorsicht und ein gesundes Misstrauen sind angebracht und nicht verkehrt. In wieweit hier Polizei und sonstiges Sicherheitspersonal sofort zur Stelle wäre, kann man schwer abschätzen. An einem Geldautomaten hockte z.B. ein Wachmann mit Maschinenpistole. Sehr sicher, könnte man glauben; solche Sicherheitsvorkehrungen wären bei uns undenkbar (allerdings auch unnötig), nützt allerdings wenig, wenn der mit der dicken Waffe ausgerüstete Mensch tief und fest schläft und seine Kanone neben sich im Gestrüpp liegen lässt.

Wir machen uns auf den Weg nach Kolmannskoop. Wir haben Tickets für die 11 Uhr-Führung. Danach könne man sich auf dem großen Gelände selbständig umsehen.

Vor ca. 100 Jahren wurden hier die ersten Diamanten gefunden und es entstand eine richtiges Dorf mit allem erdenklichen Luxus mitten in der Wüste. Der Boom dauerte bis zum 1. Weltkrieg an; alles wurde aus Deutschland per Schiff importiert, um es den Arbeitern und deren Familien so angenehm wie möglich zu machen. Es gab eine Straßenbahn, eine Turnhalle, ein Casino, sogar eine Eisfabrik. Nach dem verlorenen Weltkrieg wurde der Diamantenabbau staatlich organisiert und ertragreichere Minen im Süden eröffnet.

Vor ca. 50 Jahren verließ der letzte Einwohner den Ort, der immer gegen den Sand, den Wassermangel und den Wind zu bestehen hatte.
Heute ist das Casino wieder hergerichtet, man kann die Kegelbahn und das Theater besichtigen. Ein Museum dokumentiert mit vielen Relikten und Fotos die Geschichte des ungewöhnlichen Ortes und das Leben der Menschen. 
Allerdings wachsen die Sanddünen immer weiter in die nicht restaurierten Häuser hinein. Sie verfallen zusehends, und irgendwann wird wahrscheinlich der gesamte Ort unter dem Sand begraben sein.

Nach diesem eindrucksvollen Besuch fahren wir zum Diaz Point und zur Grossen Bucht südlich der Stadt.
Am Diaz Point steht ein großer Leuchtturm, sowie die Rekonstruktion des Steinkreuzes, das Diaz 1488 hier errichtet hat. Über Mondlandschaft fahren wir weiter zur Grossen Bucht; auf dem Weg dorthin weisen Schilder zu Buchten und Badestränden. Bei dem Wind und den relativ niedrigen Temperaturen ist uns aber nicht zum Baden zumute.

Nachmittags sind wir wieder in Lüderitz , wo wir schnell eine Unterkunft für die Nacht finden. Das gemütliche Hansa Haus mit Blick über die Stadt ist perfekt. Eine Privatunterkunft mit großer Küche und sehr geräumigen Gästezimmern.


9. Tag, 09.11. Lüderitz - Duwisib / Bettas Camp

Wir verlassen die Stadt am Morgen. Bis Aus müssen wir die ganze Straße wieder zurück. Vorbei an der Diamantenstadt, vorbei an den Dünen, die hier nahe der Straße die alte Eisenbahnlinie unter sich begraben und vorbei an den Wildpferden.
Kurz vor Aus sehen wir am Straßenrand einen Nissan-Pick Up mit geöffneter Motorhaube und ratlosem Fahrer. Als er uns bemerkt, winkt er sofort um Hilfe. Aus seinem Motor stinkt es nach verbranntem Gummi und nach Öl. Ob wir bis Aus fahren und jemanden von der Tankstelle herschicken könnten, bittet er uns. Naja, meine ich, ich könnte ihn doch genauso gut bis Aus abschleppen. Gesagt, getan, nach ein paar Minuten hängt der Nissan für die restlichen 15 km bis Aus am Seil.

Kurz hinter Aus biegt die C13 nach Norden ab. Nach weiteren 50 km biegen wir links auf die D707 ab. Die Fahrt auf dieser Pad gehört zu den landschaftlichen Höhepunkten Namibias. Die Route ist einsam, und die westlich gelegene Wüste mit ihren rötlichen Dünenkämmen sowie die östlich gelegenen Tirasberge sorgen für ein eindrucksvolles Erlebnis. Die Piste ist nicht mehr hell, sondern, wie die gesamte Umgebung, rötlich und sehr einfach zu befahren. An der Gästefarm Sinclair biegen wir nach links auf die C27 ab. Jetzt ist es nicht mehr sehr weit bis zum Schloss Duwisib. 20 Km vor dem Schloss biegen wir bei Bettas Camp rechts ab. Die Farm mit angrenzendem Campingplatz und Tankstelle sieht sehr schön und gepflegt aus. Wir merken uns den Platz für heute abend vor, falls das Duwisib Camp nichts sein sollte.

Duwisib Castle ist schon sehr witzig und ein bißchen verrückt. Mitten in der Namib steht dieses Sandstein-Schloß, das der Erbauer Hansheinrich von Wolff 1908 hier errichten ließ. Er holte viele Baumaterialien, sowie die komplette Inneneinrichtung aus Deutschland und verbrachte hier einige Jahre mit seiner Frau in diesem merkwürdigem Domizil fernab der Heimat, bis er 1914 im ersten Weltkrieg fiel.

Man kann das Schloß besichtigen und im nahen Café Kuchen nach original deutschen Rezepten essen.
Der Campingplatz ist wirklich nichts besonderes: Kein Wasser und kein Schatten. 

Schnell fahren wir nach Bettas Camp zurück, wo sich schon ein paar andere Reisende eingefunden haben. Es ist aber genügend Platz vorhanden, und wir können uns einen Stellplatz aussuchen. Jeder Platz hat einen Parkplatz mit Sonnendach für das Auto, oben drüber eine Aussichtsplattform für den Sonnenuntergang und unten ein gemauertes Areal mit Grill und Tisch. Zum ersten Mal bauen wir an diesem Abend unsere Dachzelte auf.
Wir genießen einen wunderbaren Sonnenuntergang von unserer Aussichtsplattform, und mittlerweile hat sich auch der starke Wind etwas gelegt. Eigenartigerweise bläst fast jeden Abend ungefähr eine Stunde vor Sonnenuntergang ein sehr starker Wind, der sich aber im Laufe des Abends, aller spätestens ein bis zwei Stunden nach Sonnenuntergang wieder beruhigt.
Die ersten Sterne beginnen zu funkeln. Als es richtig dunkel ist, erstrahlt das gesamte Firmament mit Millionen Sternen.

 

[Bettas Camp - Sossusvlei - Swakopmund]

10. Tag, 10.11., Bettas Camp - Sossusvlei

Irgendein Hahn meint morgens um 4 Uhr krähen zu müssen und reißt uns aus dem Schlaf. So sind wir auch bald wieder auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel: Die höchsten Dünen der Welt bei Sossusvlei. 
Wir erreichen mittags das große Camp. Auf der einen Seite ist eine sehr teure Lodge errichtet worden, doch wir begnügen uns mit dem Campingplatz. Schon am Mittag ist es sehr voll; gut, das wir reserviert haben. Wir bekommen einen Platz unter einem riesigen Akazienbaum zugewiesen, wo wir wieder mal Schutz vor der Sonne suchen. Am Nachmittag beschließen wir, die 60 km zum Sossusvlei zu fahren. Jeder Reiseführer rät zu der Fahrt am frühen Morgen, doch wir wollen morgen eigentlich schon recht früh weiter.
Kurz vor dem Eingangstor ins Sossusvlei zweigt der Weg zum nahen Sesriem Canyon ab. Hier hat sich der Tsauchab-Fluss tief in das Gestein hineingefressen. An manchen Stellen ist der Canyon an der Oberfläche nur wenige Meter breit und öffnet sich dann unten zusehends.
Hinter dem Tor zum Vlei öffnet sich das weite Tal des Tsauchab, dem wir auf übelster Teerstraße folgen. Zwischen unzähligen und teils sehr tiefen Schlaglöchern fällt es schwer, die Straße auszumachen.

Nach 45 km erreichen wir die Düne 45. Diese imposante Düne ist im Gegensatz zu allen anderen Dünen von der Straße erreichbar. Dort gibt es einen Parkplatz, von wo man die 170 m hohe Düne besteigen kann. Wir fahren aber erstmal weiter bis zum Ende der Straße, die nach ca. 65 km endet.

Das Sossusvlei ist eine große Lehmsenke, die von den höchsten Dünen der Welt umgeben ist. Vom Ende der Teerstraße geht es nur noch mit Allradfahrzeugen ins 5 km entfernte Sossusvlei weiter. Tiefer Sand erschwert das Fahren zusehends, und ich habe Mühe, mit dem schweren Landy vorwärts zu kommen. Der Landy sucht sich auf der breiten Piste mit unzähligen tiefen Fahrspuren fast selber den Weg, trotzdem ist das Fahren nicht einfach und der Motor kämpft. Nach 3 km wird mir die Sache zu heikel. Immer tiefer gräbt sich der Landy ein und der Motor quält sich unüberhörbar. Wo eben noch der 3. Gang ohne Untersetzung gereicht hat, muß ich immer weiter zurückschalten und dabei aufpassen, das wir nicht stehen- bzw. steckenbleiben. Unter einem Baum mit hartem Untergrund wende ich und fahre die Strecke hochtourig zurück. Jetzt am späten Nachmittag, wo kein Tourist mehr unterwegs und somit auch keine Hilfe mehr zu erwarten ist, habe ich keine Lust, mich hier festzufahren. Nach ein paar endlos langen Minuten sind wir aus dem tiefen Sand raus und wieder auf dem Parkplatz. Und wir hatten evtl. wirklich Glück. Der Shuttleservice vom Parkplatz zum Vlei, der von PKW-Touristen genutzt wird, hatte schon eingepackt und sich auf den Rückweg ins Camp gemacht. Auch sonst kam uns kein Auto mehr entgegen. Wir hätten also vergeblich auf Hilfe gewartet.

Stattdessen fahren wir auf dem Rückweg noch einmal zur Düne 45, die wir bei schöner Nachmittagssonne erklimmen. Ein Riesenspaß für Paula in der größten Sandkiste der Welt auf dem Hosenboden herunter zu rutschen.
Wir sind kurz vor Sonnenuntergang wieder im Camp.

 

11. Tag, 11.11. Sossusvlei - Swakopmund

Ungewohntes Fauchen, sowie Motorengeräusch weckt uns am nächsten Morgen. Das Fauchen kommt von den Gasbrennern, die zwei Heißluftballons entwickeln, um bei Sonnenaufgang über den Dünen zu fahren. Das Motorengeräusch stammt von den vielen Autos, die sich im Morgengrauen auf den Weg zum Vlei machen, um als erste den Sonnenaufgang auf den jungfräulichen Dünen mitzuerleben. Doch Pech für alle. Ein kurzer, müder Blick aus dem Zelt genügt: es wird nichts mit dem Sonnenaufgang; der Himmel ist total bedeckt.

Es geht wieder weiter. Über Solitaire befahren wir die C14 westwärts. Die Strecke wird zusehends monotoner. Anfangs bieten noch der Wendekreis des Steinbocks und der Kuisib-Canyon eine gewisse Abwechslung, doch dann zieht sich die Piste wieder endlos lang durch den Namib-Naukluft Park. Wir können auch nicht so einfach mal eine Pause einlegen, wenn es uns beliebt oder Paula sich unüberhörbar meldet, denn teilweise bietet die Stecke absolut nichts. Noch nicht mal einen Baum, der vielleicht Schatten spenden könnte. Wir kommen aber gut voran und erreichen am frühen Nachmittag Walvis Bay. Wir haben seit kurzer Zeit auch wieder Teer unter den Rädern. In der Stadt halten wir uns gar nicht lange auf, sondern fahren die restlichen 30 km zügig zwischen Küste und hohen Dünen nach Swakopmund.
In der Stadt aus der deutschen Kolonialzeit werden wir einige Tage verbringen; hier ist Halbzeit unserer Tour; Zeit zum Wäsche waschen, einkaufen und relaxen.
Im Rastlager ´Alte Brücke´ am Südrand der Stadt mieten wir uns einen geräumigen Bungalow. 

So können wir uns ausbreiten, den Landy mal komplett ausräumen, grob von Sand und Staub befreien und die Dachzelte zulassen. Vorteil zum Campingplatz: Man kann bei einem mehrtägigen Stopp seine ganzen Sachen im Haus lassen und muss nicht jedesmal wieder alles einpacken, wenn man mal wegfährt. Zudem bläst ein zügiger Wind, es nieselt leicht und feuchter Nebel zieht auf. Zu unserem Pech (oder Glück) sind auch die Stellplätze für die nächsten zwei Tage voll. 
Erste Stippvisite in der wirklich sehr schönen Stadt, wo die deutschen Wurzeln unverkennbar sind. Viele Straßen und Gebäude haben noch deutsche Namen, und man vermutet die Stadt eher an der Nord- oder Ostsee, als an Afrikas Atlantikküste...wären da nicht die Palmen.

Abends glüht wieder der Grill vor unserem Haus, Nebel zieht erneut auf und wir hören aus der Ferne das Rauschen der Brandung.


12. Tag, 12.11. Swakopmund

Spaziergang an der Promenade entlang in die Stadt. An der alten und verfallenen Landungsbrücke vorbei, führt unser Weg zum Leuchtturm. Das unübersehbare Wahrzeichen wurde 1902 erbaut. 

Auf dem Weg durch die Stadt fallen uns die überaus breiten Straßen auf. Früher war es aber notwendig, mit einem Ochsenkarren zu wenden, daher wurden die Straßen so breit geplant. Desweiteren sind viele Nebenstraßen nicht geteert, sondern aus einer Mischung aus Salz und Sand befestigt. Auf Dauer eben nichts für Autokarossen, bzw. für Landys, die es hier in verschiedensten Ausführungen zu bewundern gibt. Durch die Stadt, die für den Besucher wirklich alles zu bieten hat (Restaurants, I-Net, Geschäfte), gehen wir zur Adler-Apotheke, um uns mit 

Malariaprophylaxe zu versorgen.
Genau wie in Windhoek, empfiehlt die Apothekerin Malariaschutz für die nördlichen Landesgebiete. Sie stellt uns das richtige Mittel zusammen, das wir am Nachmittag abholen.

Mittlerweile scheint die Sonne wieder, die Einheimischen und relativ wenigen Touristen flanieren auf den Straßen oder sitzen auf den Terrassen der Cafés. Swakopmund wird oft und gerne von den etwas wohlhabenderen Namibianern, vor allem von Weißen und Windhoekern, an Wochenenden und in den Ferien besucht. Zur Hochsaison sind alle Hotels und Restcamps voll.
In der Sam Nujoma Avenue, früher Kaiser Wilhelm Strasse, setzen wir uns in ein altes deutsches Café und genießen deutschen Kuchen unter afrikanischem Himmel.


13. Tag, 13.11. Swakopmund

Die Umgebung von Swakopmund hat sehr viel zu bieten. Man kann es hier locker über eine Woche aushalten. Man kann die Küste nach Norden fahren, dort die Robben ansehen; sich ins Landesinnere begeben, um die seltene und alte Pflanze Welwitschia Mirabilis zu bewundern, oder - kindgerecht - im Sand spielen. Die nächsten Dünen sind nur ein paar Minuten von Swakop entfernt. Sie sind zwar nicht so hoch, wie die im Sossusvlei, aber dennoch gigantisch und für unser Auge ungewohnt. Endloser, feiner Sand, aufgetürmt zu hohen Bergen, die der Wind ständig weiterträgt. Nach ein paar Minuten haben wir den Sand überall. Paula ist begeistert und weiß gar nicht mehr, wohin mit dem vielen Sand.
In den letzten Jahren wird hier vermehrt Fun-Sport angeboten. Quad-Touren und 4x4-Exkursionen bringen den Interessierten mit Leichtigkeit und lautem Geknatter jede Düne hinauf. Wo abends einsam Käfer und Schlangen ihre Spuren in den Sand ziehen, jagen tagsüber Breitreifen durch den weichen Untergrund. Ob es für das empfindliche Ökosystem förderlich ist, sei dahingestellt. Der Kunde will es und zahlt kräftig dafür.

Der letzte Abend im Camp. Ein Rundgang über den Platz zeigt, dass die Stadt für Reisende ein beliebter Ort ist, um für ein paar Tage zu bleiben. Ein Toyota aus Füssen und ein IFA-Truck aus der Schweiz sind nur einige weit gereiste Gäste. Auch unsere Nachbarn sind Schweizer, die in den letzten Wochen von Botswana bis Südafrika fast alles gesehen haben.
Bekannte Autos mit deren Insassen sehen wir sehr oft wieder. Einen Toyota sehen wir zum wiederholten Male auf unserer Tour. Man grüßt sich unterwegs, hat denselben Weg, sieht sich dieselben Sehenswürdigkeiten an, um sich trotzdem für ein paar Tage aus den Augen zu verlieren. Irgendwo und irgendwann sieht man sich wieder.
Wenn nicht morgen, dann übermorgen oder irgendwann.


[Swakopmund - Spitzkoppe - Ugab River Camp - Palmwag - Outjo]

14. Tag, 14.11. Swakopmund - Ugab River Wilderniss Camp

Von unseren Nachbarn aus der Schweiz haben wir den Tipp bekommen, ins Damaraland zu fahren und eine Nacht auf der Palmwag Lodge zu verbringen. Wir waren uns über die weitere Route bis nach Etosha unschlüssig, entscheiden uns dann aber für den Weg über die Spitzkoppe und den Brandberg nach Norden.
Das Massiv der Spitzkoppe liegt etwa zwei Stunden östlich von Swakop nahe der B2. Das "Matterhorn von Namibia" ist schon von weitem zu sehen, ist aber mit gut 1700 m Höhe nicht annähernd so hoch, wie das Matterhorn in der Schweiz. Daneben befindet sich mit knapp 1600 m Höhe die kleine Spitzkoppe. Die große Spitzkoppe wirkt besonders mächtig, ragt sie doch 800 m spitz aus dem Plateau empor. Man biegt von der B2 kurz vor Usakos nach links auf D1918, nach weiteren 17 km rechts auf die D3718, die direkt auf das Massiv zuführt.

Das Gelände steht unter Naturschutz und ist eingezäunt. Somit müssen wir mal wieder Eintritt zahlen. Wir folgen den Wegen und Fahrspuren, die sich in einem verwirrenden Netz quer um die beiden Berge ziehen. Fast jeder Weg endet an Übernachtungsplätzen, die sich wunderbar zum Pausieren eignen. Die Fahrt über das Gelände ist sehr eindrucksvoll. Hinter jeder Kurve ändert das Massiv sein Gesicht: große Bögen, Felsnischen, riesige und runde Felsen, die auf den Felsvorsprüngen balancieren. Ebenso gibt es hier Felsmalereien zu sehen.

Nach der Umrundung des Berges fahren wir weiter nach Norden zum Brandberg. 
Auf der D2306 steht plötzlich vor uns am Wegesrand eines der Autos, die wir schon mehrmals gesehen haben und im Prinzip die gleiche Route wie wir fahren. Unverkennbar hat der Landcruiser einen Platten. Da es sich aber nicht um ein allzu großes Problem handelt, und Wagenheber sowie zwei Reservereifen gut sichtbar am Auto befestigt sind, setzten wir unseren Weg fort. Nach einigen Metern kommt doch das schlechte Gewissen, wir wenden und fahren zurück. Vielleicht können wir ja helfen.

Die Probleme können relativ groß werden, wenn man feststellt und zugibt, noch nie zuvor einen Reifen gewechselt zu haben. Zudem, wenn der Hi-Lift Wagenheber kaputt ist und die Verleihfirma den Wagen ansonsten mit Werkzeug ausrüstet, welches sich gerade so für eine Fahrradreparatur eignet. Mit vereinten Kräften und dem Werkzeug aus dem Landy ist aber der Reifen schnell gewechselt. Zum Dank gibt´s kaltes Bier mitten auf der Piste. Wir verabschieden uns von Britta und Martin; vielleicht sieht man sich ja noch.


Wir passieren Uis. Hier ist wenig los, ein Rastlager, eine Tankstelle und viele junge Leute, die lustlos unter den Bäumen am Straßenrand sitzen. Sie springen sofort auf und kommen aus allen Ecken auf einen zu, wenn ersichtlich ist, das ein Auto, wenn möglich mit Touristen, in den Ort fährt, anhält, und jemand wie ich aussteigt, um nach dem Weg zu fragen. Sie reden alle durcheinander, kramen in ihren Hosentaschen, um Edelsteine, Nüsse oder nutzloses Zeugs an den Mann zu bringen. Normalerweise lassen sie einen in Ruhe, wenn man kein Interesse zeigt und sowieso kein Geld dabei hat, aber diese Jungs sind sehr hartnäckig. Einer Dreiergruppe folgt mir bis ans Auto und als ich schon drinnen sitze, stecken sie ihre Köpfe zu mir herein und grabschen nach allem, was nicht niet- und nagelfest ist. Besonders auf die Kekse haben sie es abgesehen. Aber auch die drei sind im Grunde harmlos; ohne Arbeit und immer hungrig warten sie jedes Auto ab und wittern ihre Chance.

Unser Camp liegt nicht weit von Uis am Ugab River. Das Wilderness Camp liegt direkt am Fluss unter dichten Bäumen und die Möglichkeit besteht immer, dass Elefanten durch das Camp ziehen. Ihre Hinterlassenschaften sind unschwer zu erkennen und auch sonst riecht es verdächtig nach Rüsselträger. 
Schnell ist unser Lager aufgebaut und kurze Zeit später brennt auch schon das Feuer. Besonders witzig sind die Toiletten und Duschen. Ohne Türen und Dach sitzt man - allerdings durch hohe Mauern sichtgeschützt - im Freien. Damit niemand einen beim Toilettengang oder Duschen überrascht, wird eine Kette vorgehängt.
Wir sind auf unserer Tour schon ziemlich weit nach Norden vorgedrungen, d.h. es wird feuchter und zunehmend schwül. Wo wir noch vor einigen Tagen blauen Himmel über uns hatten, begleiten uns nun spätestens am Nachmittag dicke Gewitterwolken, die sich irgendwann am Abend entladen.
Heute Abend ist das Grummeln besonders gut zu hören und das Wetterleuchten kommt bedrohlich näher. Ansonsten ist es hier im Camp, bis auf unsere und zwei, drei weitere Lampen, stockdunkel. Im Gebüsch neben uns knistert es verdächtig. Zikaden, nach ihrem Geräuschvolumen zu urteilen, muss es sich um Handteller große Geschöpfe mit acht Augen und Kampfwerkzeug handeln, zirpen um die Wette. Hier gibt es sie alle: Viechzeugs, Schlangen und Skorpione. Jeder Schritt hier im weichen Sand wird mit der Taschenlampe begleitet. Um unsere Lampe hat sich der komplette Querschnitt an Afrikas fliegenden Insekten versammelt. Manche Kreatur hat im Schein der Lampe rote Augen und guckt einen sogar an! Die meisten Viecher fliegen aber in die Lampe, verbrennen sich dabei die Füße, so dass sie dann auf dem Rücken liegend auf dem Tisch zappeln.
Plötzlich hören wir ungewohntes Pochen! Erst vereinzelt, dann immer öfter. So, als wenn Wassertropfen aus großer Höhe in weichen Sand fallen. Tatsächlich, es regnet. Der erste richtige Regen seit zwei Wochen. Dumm nur, das es so richtig anfängt zu schütten. Ein wahrer Wolkenbruch scheint aus dem Himmel zu fallen. Im Nu ist das Feuer aus und wir stehen in wenigen Augenblicken im Matsch. Alle paar Minuten kommt eine Wasserwand vom Dachzelt herunter, wenn das Überzelt das Wasser nicht mehr halten kann. Wir können nichts anderes tun, als relativ nass unter dem aufgeklappten Zelt den Regen abzuwarten. Nach einer Stunde ist der Spuk vorüber. Die Zikaden melden sich wieder und überall im Busch hört man die Tropfen von den Blättern fallen.
Als wir kurze Zeit in die Zelte hochsteigen, sehen wir das Malheur: Wir haben die Eingänge nicht richtig verschlossen, so dass unsere Matratzen an den Seiten und am Kopfende pitschnass sind. Sogar Paula ist nass, die oben schon seit einiger Zeit schläft und vom Regen anscheinend nichts bemerkt hat.


15. Tag, 15.11. Ugab River Wilderniss Camp - Palmwag Lodge

So richtig gut schläft es sich auf feuchter Matratze nicht. Wir räumen die Dachzelte am nächsten Morgen total leer, um alles in der wieder sehr schwülheißen Luft zu trocknen. Die Matratzen werden wohl noch ein bißchen brauchen. Trotzdem wird alles wieder oben reingeschmissen und die Zelte zusammen geklappt. Vielleicht hilft ja der Fahrtwind.
Wir fahren weiter nach Norden. Man merkt, dass es hier vor kurzem geregnet hat. Alles ist grün und feucht, sogar die sonst trockenen Riviere führen oft Wasser.

Kurz vor Khorixas biegen wir nach links auf die D2612 ab. Auch hier eine Neuigkeit für uns: An jeder Kreuzung stehen Stände oder Tische mit Steinen darauf, die zum Verkauf angeboten werden. Ab und zu liegen Puppen oder andere Souvenirs mit dabei. Unweit davon, meist ein paar Meter von der Straße entfernt, stehen Hütten. 
Die Bevölkerung ist hier im Norden viel dichter als im Süden des Landes. Die Zahl der Dörfer und Behausungen nimmt auf dem Weg nach Norden immer mehr zu.
Wir sind auf dem Weg zu den Felsgravuren von Twyfelfontain. Allerdings ist es bei unserer Ankunft wieder so heiß, dass wir uns und besonders Paula keine lange Wanderung zwischen den heißen Felsen zumuten können.
Wir finden die Idee mit der Wanderung auch dann erst recht nicht mehr so toll, als wir einen Skorpion an einer Treppenstufe erkennen. Sieht eigentlich harmlos und ungefährlich aus...

Bis zur Palmwag Lodge ist es nicht mehr weit. Wir sind mittlerweile im Damaraland angekommen, einem wilden und sehr ursprünglichen Gebiet Namibias. Gewaltige Felsformationen begleiten unseren Weg mit fantastischer Berglandschaft aus roter Erde. Wir lassen den Abzweig nach Torra Bay an der Küste links liegen, passieren die Siedlung Wereldsend und erreichen nach weiteren 40 km Palmwag.
Ein Schild weist uns den Weg zur nahen Lodge. Nachdem wir das Tor der ´Disease Control´ passiert haben, biegen wir links zur Lodge ab.

Die Palmwag Lodge ist eine kleine Oase am Uniab River. Es gibt ca. 15 Hütten und einen sehr schönen Campingplatz. Zusätzlich stehen den Reisenden ein Pool und eine Bar in einem von Palmen eingerahmten Garten zur Verfügung. Alles in allem sehr nobel, obwohl der Campingplatz nur umgerechnet 18 EUR kostet. Eine Hütte, nur ein paar Meter entfernt, würde ca. 140 EUR kosten!
Unser Stellplatz ist geradezu luxuriös: über 100 qm groß, mit Sonnendach, Licht, Wasser und Grillstelle. Ein Platz zum wohl fühlen, zumal er recht gut belegt ist, vorwiegend mit Landys aus Südafrika. Unser Nachbar ist heute der Toyota aus Füssen. Sein Eigentümer ist seit vier Monaten unterwegs, hat vor drei Jahren das Auto nach Südafrika verschifft und verbringt als Rentner immer seine Urlaube hier unten. Er müsse nur jedes Jahr aus Südafrika bzw. Namibia raus, um in irgendeinem Nachbarland den begehrten Stempel für das Carnet zu besorgen.

Wir sehen zu, dass wir die Matratzen in der Nachmittagssonne trocken kriegen, bevor der nächste Regen alles wieder unter Wasser setzt. Von weitem kündigen sich nämlich die nächsten Gewitterwolken an. In den folgenden Stunden kracht es in den nahen Bergen ganz gewaltig, aber wir bleiben bis auf einen kurzen Schauer verschont und unsere Zelte trocken. Wir machen einen kurzen Spaziergang auf eine Anhöhe und haben von dort aus einen unbeschreiblich schönen Blick zu den Gewitterfronten in der Ferne und zum Sonnenuntergang.


16. Tag, 16.11. Palmwag Lodge - Outjo

Wir verlassen das Camp als einer der letzten. Der Overlander-Bus mit der Horde Zelttouristen, die gestern abend noch lange um ihren Bus herum saßen, ist schon lange weg. Die haben es immer sehr eilig und einen festen Zeitplan. Die Strecke, wofür wir drei Tage Zeit haben, reißen sie an einem Tag herunter. 
Der Füssener ist auch noch da. Er hat auch die Ruhe weg, fährt nur kurze Strecken, um sie intensiver zu erleben.
Er gibt uns noch Tipps für unsere weitere Route und schon bald sind wir wieder unterwegs Richtung Kamajab und Outjo. Die Piste führt uns über den Grootberg-Pass, wo wir nach kurzer Zeit die ersten Elefanten sehen. Sie sind zwar weit entfernt, aber trotzdem ein Erlebnis.

Den ganzen Tag ist es bedeckt und es regnet ab und zu. Die Piste ist daher teilweise sehr glitschig und wir müssen viele Riviere durchqueren. Ab Kamanjab ist die Straße wieder geteert. Von hier aus sind es nur noch 130 km bis Outjo. Auch hier regnet es noch, so dass wir noch unschlüssig sind, ob wir campen oder irgendwo eine Hütte mieten. Wir sehen uns ein bißchen im Ort um, der sehr lebhaft ist. Hotel, Tankstellen, Supermärkte, eine deutsche Bäckerei und viel Fußvolk auf den Straßen. 
Wir finden im Bushfeld Resort eine gemütliche Hütte für die Nacht. Kaum haben wir es uns im Haus gemütlich gemacht, hört es auf zu regnen.
Beim abendlichen Spaziergang über das kleine Camp trifft Silvana einen ehemaligen Arbeitskollegen! So klein ist die Welt.


[Outjo - Etosha Nationalpark]

17. Tag, 17.11. Outjo - Okaukuejo

Bis zur Einfahrt in den Etosha Nationalpark ist es nur eine Stunde. Der Park ist das Highlight jeder Namibia-Reise. Hierhin fährt jeder Tourist. Dementsprechend ist es auch oft sehr voll, und man muss seine Übernachtungen in einem der drei Camps auf alle Fälle reservieren!
Wir fahren durch das Anderson Gate in den Park, wo wir uns registrieren lassen. Mit einem Laufzettel, den wir im nächsten Lager abgeben, dürfen wir uns im Park bewegen. Aussteigen ist verboten, außer in den Lagern natürlich, die durch hohe Zäune gesichert sind. Unübersehbar sind auch die beiden Uhren, die anzeigen, wann die Sonne auf- bzw. untergeht. Bei Sonnenuntergang muss man nämlich im Camp sein und vor Sonnenaufgang darf niemand heraus.
Wir haben für den Nationalpark eigentlich die falsche Jahreszeit ausgesucht. Jetzt, wo es oft regnet, blühen alle Pflanzen und die Bäume sind mit dichten Blättern bewachsen, so dass es schwierig ist, von der Straße aus die Tiere zu erkennen. Und wegen den Tieren ist man ja hier. Es gibt hier viele Tiere zu sehen. Der Park beherbergt u.a. 17.000 Springböcke, 16.000 Zebras, 27.000 Giraffen, 1.500 Elefanten, 350 Nashörner und ca. 200 Löwen.
Zebras, Springböcke und andere Antilopen sehen wir ständig; Großwild oder sogar Löwen bekommen wir aber vorerst nicht zu Gesicht.
Wir erreichen das Rastlager Okaukuejo. Groß, organisiert und voll. Der Campingplatz ist schon ziemlich belegt und freie Stellen liegen teilweise unter Wasser. Verschiedenste Overlander haben große Teile des Camps besetzt.

Mit etwas Glück können wir eines der letzten Häuser ergattern. Das ist aber leider ziemlich herunter gekommen und schmuddelig. Das ganze Camp scheint etwas ungepflegt. Bei den relativ hohen Preisen dürfte man schon was Besseres erwarten. Der Pool ist leider von den Overlandern belagert, ebenso die Bar und das Restaurant. Naja, für eine Nacht ist es okay.

Die Attraktion des Lagers ist das Wasserloch, das nachts beleuchtet ist und wo sich während der Trockenzeit allerlei Getier tummelt, um dort zu trinken.

Der erste Abstecher vom Camp führt uns nach Norden, wo wir wieder unzählige Springböcke, Zebras, ein paar Gnus und Antilopen sehen.
Am Nachmittag versuchen wir unser Glück am Wasserloch Olifantsbad, um evtl. gleichnamiges Rüsseltier zu sehen. Die Pisten im Park sind wegen Überflutung teilweise gesperrt, viele Zufahrten zu den Wasserlöchern geschlossen. 

Diese Vorsichtsmaßnahme gilt aber eigentlich nur für normale PKW. Wir folgen einem Bus über eine abgesperrte Strecke, wo wir bei den größeren Pfützen keinerlei Probleme haben. Am ´Elefantenloch´ haben wir kein Glück. Wir fahren sofort weiter, was man aber eigentlich nicht machen sollte. Warten und gucken heißt hier die Devise. Wenn‘s sein muss, sehr lange. Irgendwann kommt schon was vorbei - vielleicht. Hinter der nächsten Biegung haben wir Glück. 20 m vom Weg entfernt stehen drei Elefanten, die gerade dabei sind, einen blühenden Baum niederzumachen. Sie lassen sich durch unsere Anwesenheit gar nicht stören. Faszinierend dieser Anblick vom Auto aus.
Leider müssen wir weiter. Die Sonne geht bald unter und wir haben noch ein gutes Stück ins Camp zu fahren. Zufrieden mit unserer tierischen Ausbeute erreichen wir noch pünktlich vor Toresschluß das Lager.

Am Wasserloch haben sich mittlerweile viele Schaulustige eingefunden, obwohl es dort absolut nichts zu sehen gibt. Es ist halt Regenzeit, im Park ist überall Wasser, so dass die Tiere überall saufen können, wo sie wollen und nicht auf dieses Loch angewiesen sind. Trotzdem herrscht hier gespannte Ruhe, wie im Kino, wenn der Film gleich anfängt.
Noch einmal besuche ich das Wasserloch am späten Abend. Viele Touristen mit Wein oder Bier, leises Gemurmel überall, aber keine Tiere. Auf dem Weg zurück zum Haus kreuzt im schwachen Licht einer Laterne ein dicker, schwarzer Skorpion mit aufgerichtetem Stachel meinen Weg. Er läuft nur 50 cm an mir vorbei.


18. Tag, 18.11. Okaukuejo - Namutoni

Tagestour mit geringer Geschwindigkeit quer durch den Park. Das übliche Getier steht auf dem flachen Gelände oder überquert oft die Piste. Ansonsten bietet sich auf der ersten Teilstrecke bis zum Camp Halali nicht viel.

In Halali sind wir nach zwei Stunden. Dieses Camp ist das mittlere der drei und dient den Reisenden oft nur als Zwischenstopp oder Rastplatz bei der Mittagspause. Auch heute Mittag ist es total leer, ein paar Autos kommen zum Tanken und ein paar Leute steigen aus, um sich Erfrischungen zu kaufen. Wir wollen auch los nach Namutoni, unserem Ziel, in der Hoffnung, dort vor dem nächsten Regen anzukommen.

Auf dem Weg dorthin verdunkelt sich der Himmel immer mehr. Nach kurzer Zeit fängt es wieder an zu schütten.
Innerhalb kürzester Zeit stehen dann weite Teile der Straße unter Wasser. Diese Mischung aus feinem Kalksand und Wasser verdreckt den Landy total. Gut, dass der Wagen weiß ist. So sieht man den hellen Dreck nicht so sehr. Nummernschild, Blinker und die Aufschrift sind aber unter einer dicken, weißen Schlammschicht verschwunden.
Bei dem Sauwetter sieht man natürlich keine Tiere mehr, so dass wir zügig nach Namutoni fahren.

Das ehemalige deutsche Fort thront weiß glänzend im Park und ist schon von Weitem zu erkennen. Es dient als Rastlager und als Museum. In seinen Außenanlagen gibt es einen Pool mit Bar, Restaurant, einige Hütten sowie einen schönen Campingplatz.
Zur Feier meines morgigen Geburtstages nehmen wir ein Zimmer im Turm, wo die Schießscharten als Fenster als dienen. Das Fort hat einen schönen Innenhof mit Garten und Tischen, wo man sich gemütlich hinsetzen kann.

Außerdem haben wir ungewöhnliche Nachbarn: Warzenschweine, die den Treppenaufgang zum Turm bewohnen.

Am Nachmittag geht es noch einmal auf Pirschfahrt. Am Wasserloch Twee Palms haben wir endlich Glück: ein Rudel Löwen döst unter einem Strauch! Sie gucken neugierig zu uns herüber, lassen sich aber kaum von uns stören. Stundenlang könnte man ihnen beim Nichtstun zusehen.

Einige Kilometer weiter die nächste Überraschung: In einer langen Kurve trottet unverhofft ein Elefant vor uns her. Gemächlich und sehr langsam zieht er seines Weges. Wir wollen ja eigentlich auch da lang und auch an ihm vorbei, aber sein dickes Hinterteil versperrt uns den Weg. Ab und zu dreht er sich um, um zu überprüfen, ob der Sicherheitsabstand zwischen ihm und unserem Auto noch für ihn ausreicht. Jedesmal, wenn er anhält und sich umdreht, halte ich an und warte seine Reaktion ab. Der Abstand zwischen uns beträgt ja höchstens 30 m, und ich weiß nicht, wie schnell ich den Rückwärtsgang finden würde, wenn der Koloss plötzlich kehrt macht, und mit großen Ohren und Trompete auf uns zu kommt. Aber die Absicht scheint er nicht zu haben. Nach zehn Minuten hat er wohl ein Einsehen mit uns, gibt den Weg frei und biegt ins Gebüsch ab.
Am Abend noch ein freudiges Wiedersehen mit den „Plattfüßen“ Britta und Martin an der Bar.


19. Tag, 19.11. Namutoni

Da während der Regenzeit die meisten Tiere in den Norden des Parks ziehen, nutzen wir die Gelegenheit zu einer Fahrt an das Andoni-Wasserloch. Das Loch liegt 45 km nördlich von Namutoni. Auf dem Weg dorthin sehen wir eine Menge Giraffen. Bei der dichten, fast tropischen Vegetation sind das aber auch die einzigen Tiere, die wir erkennen können. Das Wasserloch selbst hat nicht besonders viel zu bieten: Zebras und Antilopen.

Auf dem Rückweg ins Fort halten wir bei einer Toilette an. So ein Klohäuschen ist eingezäunt und so gegen wilde Tiere geschützt. Man muss vor das Tor fahren, ein Freiwilliger springt raus, macht das Tor auf und man fährt bis zum Klo vor (vorher hinter einem wieder das Tor zumachen). So richtig sicher und stabil sieht der Zaun um das Klo aber nicht aus.
Den Nachmittag verbringen wir im Pool mit Lesen und Nichtstun. 
Gewitter ziehen wieder auf, die wir uns von Turm aus ansehen.


[Waterberg - Okahandja - Windhoek]

20. Tag, 20.11. Namutoni - Waterberg Plateau Park

So langsam neigt sich unsere Tour dem Ende entgegen. Es geht wieder südwärts Richtung Windhoek. Auf dem Weg dorthin machen wir Stopp am Waterberg, Schauplatz der Schlacht zwischen deutschen Truppen und den Herero vor genau einhundert Jahren. 
Der Waterberg ist ein freistehender Berg, bildet ein Plateau und ist schon von Weitem zu sehen. Übernachten wollen wir im Bernabé-de-la-Bat Rastlager. Doch leider ist die Beschreibung im Reiseführer etwas geschönt. Zwar machen die Hütten und der Pool einen gepflegten, der Campingbereich dagegen einen etwas trostlosen Eindruck. Die einzige Grünfläche ist eingezäunt und viel Gelände vom letzten Regen fort geschwemmt. Wir suchen uns ein akzeptables Plätzchen unter einer riesigen Akazie, den wir nach kurzer Zeit mit alten Bekannten teilen (Britta und Martin).
Der Waterberg eignet sich hervorragend für Wanderungen, bei der man sogar Nashörner zu Gesicht bekommen kann.

 

21. Tag, 21.11. Waterberg Plateau Berg - Okahandja / Gross Barmen

Über die B1 geht es weiter nach Süden. Letzte Station vor Windhoek sind die heißen Quellen von Gross Barmen. Am Nachmittag erreichen wir diesen heißen Ort. Wieder einmal bestimmt über 40 Grad und im Gegensatz zu den vergangenen Tagen wolkenloser Himmel. Zum Abschluss unserer Tour mieten wir uns noch einmal eine Hütte. So können wir den Landy hier komplett ausräumen, unsere Sachen richtig zusammenpacken und den Wagen grob reinigen, bevor wir ihn morgen früh in Windhoek abgeben.
Zum Glück gibt’s hier einen Gartenschlauch mit Wasseranschluß. Eine dicke, weiße Brühe rinnt vom Landy herunter, doch so richtig sauber will der Wagen nicht werden. Der Kalkstaub ist so hartnäckig, dass erst kräftiges Schrubben das Auto von der weißen Schicht befreit.
Der Sprung anschließend in den Pool ist nicht wirklich erfrischend. Das Wasser hat bestimmt 30 Grad, aber Paula gefällt‘ s. 
Das letzte Mal Grillen, der letzte fantastische Sonnenuntergang, das letzte Mal auf Pad.

 

22. Tag, 22.11. Okahandja / Gross Barmen - Windhoek

Bis Windhoek sind es nur noch 60 km. Um kurz vor Zehn stehen wir wieder am Safari Hotel. Während ich den Wagen zurückbringe, bleiben Silvana und Paula am Hotelpool.
Kurz vor der Einfahrt auf das Britz-Gelände blinkt die Tankanzeige. Hat also genau gepasst.
Ich parke den Wagen zwischen neuen und total demolierten Wagen und ein Angestellter guckt irgendwie völlig verstört auf das Auto. Nach einem Blick auf den Tachostand guckt er immer noch so. 
Ohne Macke, ohne Kratzer, dazu noch fast blitzblank sauber habe ich ihm den Wagen gebracht. Kommt wahrscheinlich selten vor - daher sein erstaunter Gesichtsausdruck. Die Übergabe klappt ohne Probleme. Ein VW-Bus bringt mich ins Hotel zurück.
Nachmittags noch einmal Stadt, letzte Einkäufe, letzte Eindrücke.
Wir gehen super Essen im Pancake House, die aber außer Pfannkuchen alle Tiere auf den Grill legen, die in Afrika herumlaufen. Dazu ein fairer und günstiger Preis.
Das letzte Kleingeld geben wir im Biergarten des Hotels aus. Wir müssen heute früh ins Bett, morgen um 6 Uhr klingelt der Wecker.


23. Tag, 23.11. Flug Windhoek - Deutschland

6 Uhr aufstehen, 6 Uhr 30 Frühstück, 7 Uhr Bus zum Flughafen. Ein bißchen hektisch - nur gut, dass Paula so gut drauf ist.
Durch den morgendlichen Verkehr geht es zum letzten Mal durch Windhoek, das wir bald hinter uns lassen.
Wir haben uns mittlerweile an alles gewöhnt. An das Licht, die Landschaft, die Leute. Jetzt haben wir uns so richtig auf das Herumreisen eingestellt. 
Auf einmal ist Australien nächstes Jahr ganz weit weg; am liebsten würde man sofort wieder hierher kommen, dann aber mit dem eigenen Auto. Irgendwie. Wenn nicht auf dem kompletten Landweg, dann zumindest von Mombasa auf der Straße hier runter und dann ans Kap. Weil‘ s eine Herausforderung ist und dennoch so einfach, so beeindruckend und so genial. Es könnte gerade so weitergehen. 
Stattdessen stehen wir kurze Zeit später am Flughafen und checken das Gepäck ein.

 

Abflug um 10 Uhr. Nach dem Start eine Linkskurve und wir bewundern das weite und spärlich bewachsene Land unter uns, wo es scheinbar außer Berge, riesigen Landflächen mit Buschwerk, durchzogen von staubigen Pisten, nichts anderes gibt - scheinbar...

 

...Ende

wwwNAM443namibia map16.jpg
© greenlandy.de 2016